"Stetind Südpfeiler, aber sonst viel Sonne" - Chronologie einer Nordlandfahrt

07.07. - 28.07.2002 (Stetind / Lofoten (Austvågøy) / Kebnekaise-Massiv)




Übersicht

Vor vielen Jahren habe ich zufällig in einem Göteborger Klettergeschäft eine Ausgabe des norwegischen Klettermagazins "Norsk Klattring" von 1994 in die Finger bekommen. Wie der Zufall es wollte, handelte es sich bei diesem Heft mit dem Beitrag "Stetind-spesial" um den einzigen bis heute existierenden Kletterführer über den legendären Granitmonolithen Stetind (1391 m) in Nordnorwegen. Der samische Name lautet Státtájåhkkå und bedeutet wohl soviel wie mächtig und sichtbar. Der Stetind wurde übrigens 2002 am 16. August von Hörern des überregionalen norwegischen Senders NRK mit 43 % der Stimmen zum norwegischen Nationalberg gewählt. Zudem hat sich anscheinend in diesem Zusammenhang ein Dialog darüber entwickelt, ob der Berg als heilige samische Kultstätte zu bewerten ist oder nicht. Zumindest wird behauptet, daß es eine Sage geben soll, in der der Stetind eine Hauptrolle spielt.

Was eigentlich als Traum, als fixe Idee begann, wurde im Laufe der Jahre hauptsächlich wegen Axel Kaskes Motivationstalent immer realer - Wir wollten diesen Berg besteigen. Nicht auf dem Normalweg, nein, der Südpfeiler sollte es sein, etwa 9 Seillängen Risse und Verschneidungen im "Grad 6", also etwa UIAA VII-. Das ganze ist natürlich selbst abzusichern, wie es dort oben in Skandinavien meist so üblich ist. Dazu kommt das große Fragezeichen Wetter, ein Zustieg über glatte Granitplatten und Schneefelder, sowie eventuell Eis auf dem ausgesetzten Normalweg im Abstieg.

Axel probiert schonmal

Im Laufe der Jahre hatte so einiges unsere Pläne torpediert, doch in diesem Jahr haben wir es dann einfach festgemacht, nachdem Axel inzwischen aus Kiel nach Nordstemmen gezogen war und der Traum schon fast ausgeträumt schien. Wegen der langen Anreise entschieden wir uns dann zu fliegen und dort 3 ganze Wochen zu bleiben. Unser ursprünglicher Plan sah vor, zuerst zu zweit bis zu 1 1/2 Wochen im Regen im Basislager auf unsere Chance zu warten und danach nochmal die gleiche Zeit zusammen mit unseren Ehefrauen Claudia & Karin eine Bergwanderung in Schwedisch-Lappland im Kebnekaise-Massiv zu machen. Später sind dann noch die Hamelner Cornelia Mutzenbecher und Rainer Leiwesmeier zu unserem Team dazugestoßen. Sie wollten mitwandern, aber vorher noch auf den Lofoten klettern, falls das Wetter es zulassen sollte. So hatten wir dann also plötzlich die Option, falls wir früher "fertig" werden sollten, noch auf den Lofoten mit Freunden zu klettern. Unsere Planung für die Wanderung sah unter Berücksichtigung der Bergerfahrung der Teilnehmer vor, zuerst den mit 2111 m höchsten Berg Schwedens, den Kebnekaise, über den langen Westweg zu besteigen und danach durch die hochalpine Bergwelt des Kebnekaise-Massivs über den sehr schwer eingestuften und selten begangenen sogenannten Jojoleden oder Trepassleden (3 Steile Pässe auf der Schlüsseletappe!) in ca. 7 Tagen per Zelt nach Abisko zur nächsten Bahn-/Busstation zu wandern. Bei Regen wären die schweren Etappen unter Umständen nicht zu machen gewesen, d.h. ich hatte als Schlechtwetteralternative den relativ leicht zu gehende "Kungsleden" vorgesehen, der unten in den großen Tälern verläuft und somit die meisten Paßübergänge meidet. Aber jetzt erstmal zum Tagebuch und dazu, wie es dann eben so gekommen ist:

07.07.2002

Axel & Carsten: Flug Hamburg - Kiruna (Schwedisch-Lappland) über Kopenhagen, Stockholm. Ankunft bei herrlichem Wetter. Fahrt mit einem Mietauto zum Stetind über Abisko, Narvik (ca. 260 km, Ankunft spät abends). Leichter Regen während der Fahrt kurz nach der Grenze und Nieselregen bei der Ankunft, der aber allmählich nachläßt. Übernachtung direkt beim Parkplatz am Stefjorden unterhalb des Stetind.

Stetind - topographische Karte

08.07.2002

Das Wetter sieht gut aus. Ein schwedisches Pärchen plant ebenfalls den Südpfeiler, allerdings ohne Zwischenlager, was sich dann später auch als taktischer Fehler erweisen wird. Der Stetind bildet nach Südwesten ein riesiges 500 Meter breites und etwa 400 Meter hohes Halbrund, das sogenannte "Amphitheater". Passend dazu wird der Kesselgrund "Parterre", zwei horizontale Fluchtbänder in der senkrechten Wandflucht darüber "1. Rang" und "2. Rang" bzw."Stehbalkon" genannt. Am linken Rand des Amphitheaters oberhalb einer grasigen Rampe findet sich die "Königsloge", ein schöner Rastplatz mit herrlichem Blick auf den Stefjord und den Lofoten weiter am Horizont. Der Südpfeiler zeigt nach SW und beginnt an der sogenannten Königsloge in etwa 1000 m üNN. Der Zustieg zum Amphitheater erfolgt meist über die gut strukturierten Platten unterhalb des Parterre.

Topos aus Norsk Klatring (1994):     Stetind Topo aus der Vogelperspektive     Stetind Topo von Nordwest     Stetind Topo von Südwest

Südwestansicht

Aufstieg mit vollem Gepäck, Getränken und Lebensmittel für 3-4 Tage durch das bewaldete Storelvdalen zum Basislager am See Svartvatnet (725 m üNN) direkt unterhalb des riesigen Amphitheaters des Stetind. Später werde ich auf der Wanderung mit etwa 30 kg unterwegs sein, da wird es sich fast leicht anfühlen, aber jetzt zieht es wie Blei. Axel hängt mich an der steilsten Stelle ab und es fällt mir schwer, überhaupt die Motivation zu finden, um am nächsten Rastpunkt wieder zu ihm aufzuschließen.

Wir finden ein Zeltlager auf dem einzigen brauchbaren Platz weit und breit hoch oberhalb vom See neben einer Felsrippe. Das Seeufer ist reines Blockgelände. Wir lassen den Fels noch weiter abtrocknen und ruhen uns beim Zelt aus, Auskundschaften der unteren Linie über den Plattenschuß zum Amphitheater.

Südpfeiler vom Einstieg     Einstiegsplatten     Amphitheater vom Einstieg

Ich wasche mich mit Schnee im herrlich kalten See. Es ist nur etwas irritierend, daß die Schneereste, die so auf den See hinaustreiben, nicht zu schmelzen scheinen wollen. Dem schwedischen Pärchen ist es nicht ganz geheuer, ohne Zelt können sie nicht länger warten und gehen über den Normalweg zum Vorgipfel hoch - wir können warten! Es kommen immer mal wieder Normalwegaspiranten vorbei, ab und zu erkennt man sie dann auch später mit dem Fernglas auf dem Grat zwischen dem Vorgipfel und dem Hauptgipfel direkt oberhalb des Amphitheaters, etwa 500 Meter über uns.

ca 18:00 wir sind ausgeruht, der Fels ist trocken, wir machen uns fertig und steigen ein. Am laufenden Seil kommen wir leicht auf steilen trockenen Platten mit wenigen nassen Stellen und einem Quergang mit Steilstufe nach links zum Parterre (ca. 900 m üNN).

Axel macht sich Einstieg klar     Granitplatten am laufenden Seil

Über Schutt geht es weit nach links zum Schneefeld. In diesem Jahr liegt sehr wenig Schnee und wir können zwischen zwei Schneefeldern über den kleinen Bach übersetzen.

Tiefblick vom Parterre zum Zeltplatz (roter Punkt)

Dann geht es leicht die grasige Rampe hoch zur Königsloge. Der Ausblick ist unglaublich.

Königsloge

Wir haben es eilig und machen uns fertig, denn hier beginnt die eigentliche Kletterei. In Wechselführung (ich starte und komme dank Verhauer gleich etwas weit nach links) kommen wir nach 4 Seillängen zum ersten Amphi (1.tes Rettungsband). Die Sonne verschwindet so langsam um den Westgrat. Sie wird zwar die ganze Nacht scheinen, denn wir sind im Reiche der Mitternachtssonne, doch leider nur auf der falschen Seite des Berges! Wir werden ab jetzt den Südpfeiler im Schatten klettern müssen.

Axel im Nachstieg oberhalb der Königsloge     Axel im Vorstieg

3 weitere Seillängen (die zweite ist eine anstrengende Verschneidung, in der Axel stark gegen den Seilzug ankämpfen muß) bringen uns zum zweiten Amphi (das 2.te Rettungsband, das uns leicht zum Ostgrat bringen würde). Eine sehr unschöne Kaminstelle ist mit Rucksack kaum zu klettern. Mit einer kniffeligen Fußarbeit kann ich die Stelle schließlich lösen. Beim Sichern beobachte ich mißtrauisch die beiden einzigen Regenwolken, die bei der vorherrschenden Wetterlage rechts und links an uns vorbeiziehen müßten. Da wir fast Südwind haben, können wir die ganze Zeit das Wetter zu uns ziehen sehen.

09.07.2002

Es gibt einen kurzen Nieselschauer und es ist recht kalt. Auf dem breiten Band können wir gut wind- und regengeschützt rasten.

Pause auf dem 2. Amphi     Ausblick vom 2. Amphi

Bisher hat die Tour schon einiges von uns abverlangt und wir wägen kurz ab, ob wir den leichten Ausstieg über die Bänder nehmen. Aber mir ist klar, daß wir so eine Gelegenheit nicht verpassen dürfen - der Regenschauer ist vorbei, es geht weiter.

Wir gehen die 3 letzten schwersten Seillängen an, nachdem wir uns eine Weile überlegt haben, durch welche Verschneidung wir hoch müssen.

1. Seillänge: leicht gerade hoch und auf einer Rampe nach rechts zum Beginn einer steilen trittarmen Verschneidung, die oben nach links überhängt. Gleich zu Beginn lege ich einen Friend leider zu kurz und habe nach oben immer schlimmer mit Seilzug zu kämpfen. Am Ende der Verschneidung lockt der einzige rostige Normalhaken in der ganzen Tour. Nur sehr mühsam kann ich mich vorsichtig höher arbeiten. Mit jedem Keil und jedem Friend komme ich dem Ende der Verschneidung näher. Mit sehr viel Seilzug kämpfe ich mich aus der überhängenden Verschneidung auf ein Bändchen, endlich kann ich wieder stehen und mich ausruhen. Weiter in einer liegenden Verschneidung nach oben auf ein kleines Plateau. In etwa wie der El Cap-Spire, nur viel kleiner, aber genauso bequem.

2.te Seillänge: Axel führt eine anstrengende Piazlänge mit abschließenden Aufrichter in ein größeres Loch. Ein Runout von ca. 8 Metern, gefühlt waren es mindestens 15!. Im Nachstieg muß ich Axels Leistung neidlos anerkennen.

Piazseillänge im Nachstieg

3.te Seillänge: Es ist wieder nicht ganz klar, welche Verschneidung richtig ist. Ich suche mir eine sehr glatt aussehende aber dafür liegende Verschneidung mit einem dünnen Riß aus. Die Verschneidung wird uns rechts unter ein großes Dach führen, dort vorbei müßte es weitergehen. Im Verlauf der Kletterei wird der Riß doch besser als es von unten ausgesehen hat. Dennoch läßt sich nicht viel legen. An einer schwierigen Stelle positioniere ich einen kleinen Rock seitlich in den schmalen Riß. Ob der wohl hält? Links finde ich nichts und rechts habe ich nur ein seichtes Zweifingerloch zum ziehen. Ich vertraue der Reibung nicht so ganz und versuche mit dem linke Fuß im Riß zu bleiben. Ich setze ihn hoch auf einen sehr abschüssigen Tritt. Obwohl es nach oben eher schwerer aussieht und ich noch absolut keine Vorstellung habe, wie sich die Stelle auflösen wird, versuche ich es. Beim Aufrichten rutsche ich ab und hänge plötzlich einige Meter tiefer im Seil, nachdem ich mir im Loch das Tape vom Finger gezogen habe. Wie gut, daß ich (fingerlose) Lederhandschuhe an habe, denn im fallen/rutschen gleiten meine Hände über den zum Glück glatten Fels. Ich versuche es ein zweites Mal mit dem gleichen Erfolg. Nun habe ich die Gewißheit, daß der Rock hält. Ich hänge kurzer Hand eine Bandschlinge ein und nutze den künstlichen Tritt, um mich über das Fingerloch zu schummeln. Weiter oben kann ich einen einigermassen brauchbaren Friend legen, der mich gleich etwas beruhigt. Dann geht es sofort frei weiter, erst noch recht schwer, dann zum Dach hin immer leichter. Der Riß ist inzwischen zu einem Faustriß angewachsen, an dem es sich gut hochklettern läßt. Ich umgehe das überhängende Gelände nach rechts und mache einen halbhängenden Stand auf einem Block. Gerade an dieser Stelle zeigt sich, daß die Übersetzung von schwedischen Schwierigkeitsgraden (ca 6 nach Topo) nicht so ohne ist, denn nach UIAA ist das ganze eine solide 7er Stelle.

Axel quert leicht ein paar Meter nach rechts und ist plötzlich unterhalb der Ausstiegsschroffen. Mit dem Seil in der Hand laufen wir die Rampe noch einige Höhenmeter zum Gipfel.

letzter Quergang     Quergang mit viel Luft untern Hintern

Um 6:00 MORGENS!! stehen wir in unmittelbarer Nähe zum Gipfelmänchen (beim Ausstieg vom Westgrat) auf dem Gipfel vom Stetind. 1391 m, es ist geschafft! herrliches sonniges Wetter. Die Aussicht ist bereits während der Kletterei unglaublich gewesen, hier oben aber ist die Rundumsicht einfach überwältigend.

Gipfelfoto Carsten     Gipfelfoto Axel & Carsten     Gipfelfoto Axel

Die Lofoten ziehen sich scheinbar endlos im Westen an der Küste entlang. Im Osten sieht man das schneebedeckte Gebirge, das Norwegen und Schweden trennt, dort werden wir in 2 Wochen mit dem Zelt unterwegs sein.

Gipfelpanorama mit Lofotenblick

Nach einer ausgiebigen Pause in der prallen Sonne, wir sind den Südpfeiler zwischen 18:00 und 6:00 also ohne Sonne quasi als Nordpfeiler geklettert, erkundigen wir das riesige Gipfelplateau und machen einige Gipfelphotos, sowie Panoramaaufnahmen. Der Fels hat in regelmäßigen Abständen Schwächezonen, die sich weiter unten als horizontale Bänder bemerkbar gemacht haben. Hier oben hat offensichtlich ein Gletscher während der Eiszeit den Berg oberhalb einer weiteren Schwächezone komplett gekappt. Das Ergebnis ist ein mehrere tausend Quadratmeter großes horizontales Gipfelplateau. Ein beeindruckender Aussichtsplatz nach der langen Kletterei im vertikalen Fels! Direkt beim Gipfelmännchen pfeift es vom Gipfel 1391 Meter runter zum Fjord, man sieht unser Auto auf dem Parkplatz hinter dem Westgrat, der von oben unglaublich schmal aussieht. Wie eine Rasierklinge trennt er die Nord- und die Südwestwand.

Tiefblick auf den Westpfeiler

Nach über einer Stunde machen wir uns über den Normalweg über den Nordgrat auf den Abstieg. Zuerst geht es nochmal luftig hinab in eine Scharte, danach wieder hoch zum Vorgipfel, der ja auch über 1300 Meter hoch ist.

Blick zum Vorgipfel     Tiefblick zum Amphitheater     Tiefblick zum Amphitheater

Der Grat beginnt recht breit und flach und wird immer schmaler, steiler und ausgesetzter. Richtig luftig.

Abstieg auf dem Normalweg

Unvermittelt kommen wir zu einer Stelle, über die wir uns ohne Seilsicherung nicht heruntertrauen. Ich habe das Seil bereits über die Steilstufe hinabbefördert. Wie gut, daß wir zwei Halbseile haben, so daß wir uns mit einem schnell gebastelten Stand sichern können. Die Norwegen klettern da bestimmt einfach so ohne Seilsicherung runter! Die letzten Meter zur Abseilstelle sind mal wieder sehr ausgesetzt. Man kann sich bis zuletzt aussuchen, ob man lieber nach Osten oder nach Westen abstürzen will. Zum Glück ist es trocken. Kurz danach sind wir bei der Abseilstelle wo die Norweger zwei Bolts mit ebensovielen Keilen hintersichert haben. Kein Wunder, seilt man doch luftig eine Seillänge einige hundert Meter über dem Amphitheater ab.

Abseilstelle     Blick in den Südpfeiler

Im Aufstieg hat man hier die Schlüsselseillänge zu bewältigen. Ein sehr luftiger Reibungsquergang mit norwegischen 4+ bewertet. Also ein richtiger Kletterberg, auf dem man auch auf dem Normalweg die Hände aus den Taschen nehmen sollte. Man landet nach der Abseile wieder auf der schattigen Westseite. Nach einem Wechsel auf die andere Gratseite durch einen Wanddurchbruch, steht man jedoch plötzlich wieder in der prallen Sonne. Ein kurzer Aufschwung noch, der, wie uns später gesagt werden wird, kleineren das Leben etwas schwer machen soll, und dann sind wir wieder oben auf dem Grat und es wird leichter.

Zwar noch luftig an einer Reitpassage, die scheinbar keinem Berg hier oben fehlen darf, jedoch inzwischen deutlich gemäßigter verglichen mit dem ersten Teil. Der Rückblick zum Gipfel ist hier besonders imposant. Man kann sehr gut den Südpfeiler einsehen und erkennt schön wie das letzte Drittel aufsteilt.

Gipfelansicht vom Normalweg     Normalweg

Auf dem Vorgipfel finden wir einen Kontrollpunkt für Crossläufer! Was für eine Vorstellung, 1314 Höhenmeter: Erst 700 durch Wald und Blaubeerhängen, dann nochmal 600 über Geröll. Das muß ein Saisonhöhenpunkt sein, der Lauf zum Hall-Vorgipfel. Wir sind die einzigen am Berg an so einem sonnigen Tag und es ist eigentlich unvorstellbar, wie das jemals anders sein könnte. Hier oben Menschenmassen? Der Blick nach Osten auf den See Koppvatnet ist unwirklich, so ein Blau habe ich noch nicht gesehen, wie Tinte.

Axel zappt auf dem Vorgipfel

Alles in allem kann man wirklich sagen, daß auch der Normalweg eine super Tour mit interessanten Kletterstellen ist. Das lange Gehatsche als Vorspiel ist allerdings nicht zu unterschätzen. Der Normalweg fängt schließlich erst auf dem Vorgipfel an.

Der weitere Abstieg ist leicht, der Vorgipfel ist sehr flach und voller Geröll. Es sind einige Steinmarkierungen zu sehen. Es zieht sich lang in Richtung Südosten hin, bis man dann an einer deutlichen Markierung nach Westen abzweigt. Nun geht es über sandige, kiesige Steilstufen steiler hinab. An einer Stelle passe ich nicht auf: ich schätze die Höhe ab, sehe kein Problem und lasse mich fallen. Ein stechender Schmerz bringt mich zurück zur Realität. Wie dumm von mir! Ich habe nur ein paar Socken in meinen Wanderstiefeln an, sie sind also recht locker geschnürt. Ich bin über einen Stein mit dem linken Fuß umgeknickt. Genau wie vor einigen Wochen bei der Arbeit. Damals bin ich sofort zum nächsten Wasserbecken und habe den Fuß ewig gekühlt. Und hier? Wir haben noch etwas Wasser und ich kann mir zumindest etwas schmerzstillende Kühlung verschaffen. Mir ist richtig schlecht und ich muß mich erstmal hinlegen. Ob ich mit eigener Kraft wohl weiterkomme? Nach ausgiebiger Pause komme ich wieder etwas zur Ruhe. Es ist nichts gebrochen, gerissen scheint auch nichts zu sein. Da habe ich wohl richtig Schwein gehabt. Ich versuche weiterzugehen und merke, daß es wohl langsam gehen müßte. Wenn ich den Fuß gerade aufsetze, merke ich fast nichts. Zudem ist es z.T. noch so steil, daß man sich aufstützen kann. Wenn mir nur nicht weiterhin so schlecht wäre. An einem kleinen Schneefeldrest lasse ich Axel alleine weitergehen, da ich ihn nicht aufhalten möchte. Ich bin mir sicher, daß ich irgendwie runterkomme. Es dürfte nur eine Weile dauern. An den steilen Abstieg durch den Wald mit dem schweren Gepäck mag ich im Moment nicht wirklich denken,. Und was ist mit der Wanderung, die wir für die nächste Woche geplant haben. Eine Woche durch hochalpines Gelände mit über 30 Kg Gepäck und einem angeknacksten Knöchel?

So gegen 11 bin ich beim Zelt, doch nicht so viel später als Axel. Wir waren also 17 Stunden am Berg, wie man so schön sagt. Wie gut das wir unser Lager hier oben aufgeschlagen haben. Unsere Planung war eben perfekt, unser Tempo dafür nicht. Aber was solls! Das Wetter hat gepasst. Wir essen kurz und legen uns fix und alle so um 12 Uhr mittags ins Zelt. Gegen 20:00 wachen wir auf und beschließen etwa um 2 Uhr nachts aufzubrechen, um den kommenden Tag zu nutzen. Hell genug ist es ja jetzt im Sommer, da spielt die Tageszeit eben keine Rolle mehr.

10.07.2002

Dem Knöchel scheint es besser zu gehen. Jetzt mit zwei Socken haben ich auch mehr Halt. Der Abstieg geht recht gut, ich habe zum Glück meine Wanderstöcke dabei. Bevor wir endgültig im "Urwald" eintauchen, können wir noch einmal den freien Blick auf den Stetind aus nächster Nähe genießen. Wir stehen jetzt unterhalb vom Westgrat.

ein letzter Blick aus dem Wald im Abstieg     Axel nach der Arbeit

Bald sind wir unten beim Auto. Im Bach, an dem wir die ganze Zeit entlang abgestiegen waren und der hier in den Fjord mündet, waschen wir uns und unsere Klamotten.

Gegen Mittag starten wir in Richtung Lofoten. Es gibt in direkter Nachbarschaft zum Stetind einige interessante Kletterberge. Z.T. haben wir sie auch vom Gipfel gesehen. Wir fahren kurz vor der ersten Fähre in einem eindrucksvollen Tal an den Plattenschüssen vom Kugelhornet und dem Eidetind vorbei.

12:44 Fähre Skarberget - Bognes, wir haben nicht genug NOKs, können jedoch zum Glück 10 Euros dazugeben;-). Von der Fähre, die sinnigerweise "Stetind" heißt, haben wir noch einmal einen letzten Blick auf das Berpanorama.

ein allerletzter Blick von der Fähre zum Stetind     ein allerletzter Blick von der Fähre zum Stetind     ein allerletzter Blick von der Fähre zum Stetind




Weiter geht es auf den Lofoten